Donnerstag, 2. August 2012
Peer Gynt rast auf der Pernerinsel
Peer Gynt rast auf der Pernerinsel als Schwindler, Spitzbube, Schaumschläger, Schwängerer, Sklavenhändler und Schiffsbrüchiger über die Bühne. Gynt gibt sich aber auch als Sinnsuchender und Schmachtender. Ein Suchender, der aus einem norwegischen Fjord in die weite Welt geht, in der Unterwelt der Trolle lebt, durch afrikanische Wüsten zieht und nordische Länder und Meere durchquert. Doch die Frage seines Lebens, den Unterschied zwischen dem Sei-du-selbst und dem Sei-dir-selbst-genug, kann ihm keiner erklären, auch nicht sein Dichter Henrik Ibsen, dessen Kopfgeburt er ist.
Peer Gynt setzt sich in der Inszenierung von Irina Brook (der Tochter von Peter Brook) als Rock-Star in Szene. Mit nacktem Oberkörper, enger Hose und Mikrofon verwirrt PG die Menschen um ihn herum, lebt Sex and Drugs and Rock ’n’ Roll mit ihnen. Begleitet von der Band "PG and the Trolls" feiert er mit Gogo-Girls, Songs, Alkohol und Drogen sein leben ab.
Wie ein alter Lachs, kehrt der abgelebte Peer Gynt an seinen Ausgangspunkt zurück, wo ihn hoch droben in einer Fjordhütte Solveig erwartete, Solveig die Solvierende, Solveig die Schmerzensreiche, Solveig die Standhaltende, Solveig die Sittsame, Solveig die Sanfte, Solveig die Schmachtende. Solveig, die ein Leben lang nichts für sich wollte aber immer alles für ihn und nun den greisen Spätheimkehrer in ihrem Schoß birgt. Obzwar sie einst der junge Schurke schnöde sitzenließ, war Peer Gynt ein Leben lang die Lichtgestalt in ihrem Glauben-Lieben-Hoffen. Nun als Schwächling darf er in ihrem Schoß als ihr ewiges und unschuldiges Kind selig erlöschen.
Alles in Allem ein großes Erlebnis, auch wenn die Musik etwas zu laut und zu gestrig in das Stück hineindrängt.

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Dienstag, 31. Juli 2012
Prinz Friedrich in Salzburg
Im Landestheater Salzburg hebt das Spiel um Heldentum, Machthunger und Kriegsglück an. Es ist der Prinz Friedrich von Homburg, der durch seinen verfrühten Einsatz einer Schlacht die sieghafte Wendung gibt. Doch handelt er gegen den Befehl des Fürsten, reitet mit seinen Männern verfrühten gegen den Feind und verhindert durch den tatsächlich erfochtenen Sieg einer Schlacht, den vermeintlichen Sieg im Krieg.
Der Verbund von einzigartigen Darstellern, einem überaus gelungenen Bühnenbild und der einfühlsamen Inszenierung zeigt die schmalen Grenzen zwischen Kriegsglück und Misserfolg, zwischen Kameradentreue und Ungehorsam, zwischen Macht und Unterwerfung auf. Ein in dieser Aufführung gewandt vorgeführter Kanon des Absurden im Leben der Offiziere in einem Krieg, in dem jeder an seinen Überzeugungen und an der Treue zu scheitern droht und in dem es keine endgültigen Sieger geben kann. Es gilt einmal mehr: "Heute noch auf stolzen Rossen, morgen durch die Brust geschossen." Der Sieger der Schlacht ist der Verlierer gegen den Fürsten, der ihn seiner Untreue wegen, dem Kriegsgericht ausliefert, das ihn zum Tode durch Erschießen verurteilt. Der so Gebrandmarkte wird dem Fürsten zurückgegeben, dem einzigen, der jetzt noch das Leben des Prinzen retten kann.
Ab Herbst wird das Stück am Burgtheater gespielt und ich werde all meine Helden wiedersehen.

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Freitag, 27. Juli 2012
Halbfinale in der Oper
Gestern endete Donizettis Oper Don Pasquale mitten im Halbfinale. Fünfundneunzig Prozent der Oper hätten es die Wettergötter mit und gut gemein, das sagte der Spielleiter der Oper Klosterneuburg ins Mikrofon, als die Vorführung im halben Finale abgebrochen wurde. Und tatsächlich meine er es gut mit uns, der Wettergott. Hatte und doch der junge Tag mit Regengüssen begrüßt, doch zum Abend hin helle es sich auf und der Regengott verlor sogar für einige Stunden gegen den Sonnengott und der bescherte uns Opernwetter, wie man es eben bei einer Freiluftaufführung herbeisehnt. Doch dann schickte der Regengott im zweiten Akt einige Tropfen und eben ganz zum Schluss einige Tropfen mehr. Jedes Tröpfchen machte die Streicher aufgeregter und schließlich brachten sie durch einen Satz in die Durchfahrt ihre Geigen, Celli und vor allem die Bassgeigen ins Trockene. Alles, was sich bis dahin abspielte, war unbeschwerte Sommerfreude im Kaiserhof des Stiftes Klosterneuburg.
Schon die Einführung im Café Escorial war gekonnt und die jungen Sänger, die das Musikgeschehen ebenso behände erfüllen, wie den Spielort, der in die 1950-er Jahre verlegt ist. Bühnenbild und Kostüme passen genauso stimmig zur Oper wie die Künstler, die ein außerordentlich kraftvolles Klangbild ausmalen. Norina (gesungen von Chiara Skerath) ließ ihre bezaubernd koketten Koloraturen perlen, ihr Ernesto (Caner Akin) ließ seine Tenorstimme geschmeidig und treffsicher in den Klosterhof schallen. Malatesta (Günter Haumer) mit seinem sauber geführten Bariton und Don Pasquale (Marc-Olivier Oetterli) gibt einen lebhaften und stimmsicheren Hagestolz. Die Sinfonietta Baden unter Christoph Campestrini putzt die Oper mit ihrer frischen Musik heraus.
Das Schwächste an der Vorstellung war wohl der Schlussapplaus, den der Regengott zu verantworten hatte, weil er das Publikum in Windeseile aus dem Kaiserhof jagte.

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